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Richtlinie VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.2

Klassifikationsleistung von OIS

VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.2 ermöglicht eine Bewertung der Klassifikationsleistung von Oberflächeninspektionssystemen ohne „Ground Truth“.

Die Inspektion von Flachstahloberflächen ist im Grunde nur ein Anwendungsfeld der industriellen Bildverarbeitung (BV) von vielen. Jedoch sind die Anforderungen an diese Systeme so speziell und herausfordernd, dass sich eine eigene Anlagenklasse der Oberflächeninspektionssysteme (OIS) herausgebildet hat. Bei den OIS wird nicht nur die Kameratechnik und die Software speziell für diese Aufgaben erstellt. Auch bei der Funktionsprüfung des OIS im laufenden Betrieb greifen manche Konzepte nicht, die in anderen Anwendungsfeldern der industriellen BV problemlos funktionieren. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in der Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 zur industriellen Bildverarbeitung spezialisierte Richtlinien für OIS entwickelt wurden. Mit der im März 2024 erfolgten Veröffentlichung der Richtlinie VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.2 zur Leistungsbewertung der Klassifikation haben diese Arbeiten vorerst ihren erfolgreichen Abschluss gefunden. 

Während es bei der Produktion und Inspektion von Stückgut in der Regel kein Problem darstellt, Referenzmuster zur Überprüfung des BV-Systems in den Inspektionsprozess einzuschleusen, ist es bei OIS illusorisch, beispielsweise die rund 200.000 Einzelereignisse auf einem 15 km langen und 1 m breiten Weißblech zweifelsfrei zu charakterisieren, das Coil als Referenzmuster aufzubewahren und mehrfach zur Systemprüfung durch die Inspektion zu schicken. So wurden in VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.1 einfache und mit begrenztem Aufwand praktikable Verfahren vorgestellt, um die Stabilität eines OIS plausibel zu prüfen, also um eine Aussage darüber zu erzeugen, ob sich das System noch so verhält, wie es bei einer vorausgegangenen ausführlichen Prüfung der Fall war. 

Doch auch bei einer ausführlichen Prüfung des OIS können nicht alle 200.000 Einzelereignisse auf einem Band von Inspektoren begutachtet oder gar in einem Labor mit einem Mikroskop vermessen werden. Daher muss die Qualitätsaussage über die Klassifikationsleistung eines OIS auf eine andere Art erzeugt werden. Die im März 2024 veröffentlichte Richtlinie VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.2 stellt ein Verfahren für die Leistungsbewertung von Inspektionssystemen vor, bei denen keine „Ground Truth“ verfügbar ist.

Das heißt, dass mit dem Verfahren die Inspektionsleistung bewertet werden kann, ohne das eine Grundwahrheit, also eine Aussage darüber, welches Inspektionsergebnis für alle untersuchten Ereignisse richtig ist, vorliegt. Der Kern des Verfahrens sollte sich auf alle Klassifikationsaufgaben, bei denen keine „Ground Truth“ vorliegt, übertragen lassen. Jedoch wurde das Verfahren anhand der Anforderungen der Flachstahlproduktion entwickelt und in der Richtlinie wird die Anwendung des Verfahrens aus der Perspektive der Flachstahlproduktion diskutiert. Damit liefern VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.1 und Blatt 4.2 maßgeschneiderte Lösungen für Oberflächeninspektionssysteme in der Stahlindustrie.  
 

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Fachlicher Ansprechpartner im VDI:
Dr.-Ing. Erik Marquardt
VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA)
E-Mail: marquardt@vdi.de

Sarah Janczura
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